5 Mai 1989, 19.30 Uhr –S. Domenico Palace Hotel, Taormina
Rundtischkonferenz : „Die Kritik und die europäischen Kulturen“
Rundtischkonferenzanmerkung
„Die Kritik und die europäischen Kulturen“
Der Internationale Verband der Theaterkritiker legt bei der Zusammenkunft der Kritiker besonderen Wert auf den Gedankenaustausch über die Theatertätigkeit in den einzelnen Ländern. Der Bund versammelt diese implizierten.
6 Mai 1989, 10.00 Uhr/7 Mai 1989, 09.00 Uhr
S. Domenico Palace Hotel, Taormina
Peter Brook : „Vom Weg bis Laufbahn“
Zusammenkunftsanmerkung
Peter Brook : „Vom Weg bis Laufbahn“
Peter Brook hat seine Laufbahn in der Royal Shakespeare Company mit "Leiden verlorener Liebe" begonnen. Das war zu Beginn des Krieges, und der junge Regisseur wollte vermeiden, wie er sagte, "die Wunde mit Salz einzureiben ". So war er damals bereit, eine frische und unterhaltsame Komödie zu inszenieren. Das Theater soll zur Heilung beitragen. Vierzig
Jahre später realisierte er das große Projekt "Mahabharata", wo der Mensch, nachdem er durch Schmerz und Krieg gegangen ist, sich dem Licht zuwendet, der Heiterkeit.
Stets sucht sein Werk nach Heilmitteln, um bei der Überwindung des Unbeils, der Gewalt und der Vernichtung zu helfen. Aber bei Brook geschieht etwas Außergewöhnliebes, der
Mensch und das Werk sind ein und dasselbe, sind unlöslich, bezeugen beide die gleiche Kapitulationsverweigerung im Namen der Suche nach einer doppelten Realisierung, der des Selbst und der des Theaters. Heute würdigt Europa das, was seine Zuschauer und seine Künstler ihm verdanken, indem es ihm seinen höchsten Theaterpreis zuerkennt.
Eine symbolische Begegnung wird den Verlauf dieser Tage eröffnen: die Begegnung zwischen Brook und Grotowski. Am Anfang der sechziger Jahre haben der eine in London und der andere in Opole in Polen die Verwandtschaft Forschungsarbeit entdeckt und sind sich dadurch nahegekommen. Seither sind die eingeschlagenen Wege nicht die gleichen gewesen, doch eine tiefe Bindung besteht noch immer zwischen.
ihnen. Sie beruht auf der gemeinsamen Überzeugung, daß das menschliche Wesen, sein Körper in sich selbst Erneuerungskräfte besitz. Es muß alles getan werden, um diese zu erreichen um zu wecken. Brook und Grotowski - eine Freundschaft, die das Theater gekennzeichnet hat. In einer Reihe von Gesprächen soll am zweiten Tag versucht werden, die großen Momente der Brookschen Sage in Erinnerung zu rufen, mittels verschiedener Untersuchungen das Verhältnis von Brook vor allem zu Shakespeare zu erfassen, das Neue seines Beitrages in der Beziehung zum Schauspieler und in der zum Publikum aufzuzeigen, seine Dynamik anschaulich zu machen. Von Brook sprechen zu wollen heißt, einen Weg rekonstruieren zu wollen, eine Spirale, deren Umfang sich mehr und mehr reduziert, kurz gesagt, "einen Punkt in Bewegung".
Am dritten Tag werden Schauspieler, Autoren und Mitarbeiter, die mit Brook gearbeitet haben oder mit ihm arbeiten, Zeugnis ablegen. Jeder von ihnen wird versuchen, das herauszustellen, was Brook ihm beim praktischen Umgang mit dem Theater offenbart hat. Häufig ist es die Bezeugung, die diese konkrete Wahrheit beibringt, von der sich die Theorie nährt. Europa begrüßt in Taormina einen seiner Meister.
Georges Banu
6 Mai 1989, 18.00 Uhr – S. Domenico Palace Hotel, Taormina
Seit einiger Zeit wird gesagt, daß der europäische Einigungsprozeß, der auf politischem, wirtschaftlichem und finanziellem Gebiet zahlreichen Schwierigkeiten und Widerständen ausgesetzt ist, auf dem kulturellen Sektor müheloser in die Tat umzusetzen sein müsse und daß zum Beispiel ein "Europa der Theater" mit größerer Leichtigkeit zu schaffen sei als ein Europa der Währung und der Landwirtschaft. Auf dem ideellen Gebiet ist das gewiß wahr; wir haben den Beweis dafür in allem, was unternommen worden ist, um die verschiedenen nationalen Kulturen einander näherzubringen, besonders die Theaterkultur, die ja an und für sich schon das Merkmal der Teilnahme und der Vereinigung trägt. Weitgehend ungelöst ist das Problem der Institutionen, d.h. der Organismen, aus denen das Theaterleben hervorgeht, und zwar nicht nur als Produktion von Schauspielen, sondern auch als Antrieb von Ideen und Experimenten. Die Erneuerungskrise, von der die nationale Theaterinstitution mehr oder weniger überall befallen ist, spiegelt sich ebenfalls auf europäischer Ebene wider: schwierig ist die Existenz der bereits vorhandenen, gewagt die Gründung von neuen. Der Einsatz jedoch ist hoch: den Grundstein für ein oder mehrere "Theaterhäuser" legen, wo die Theaterschaffenden bei gemeinsamer Zielsetzung auf allen Ebenen ihre Erfahrungen, ihre Mittel und ihre Utopien überprüfen und konfrontieren können. Renzo Tian