Premio Europa per il Teatro Premio Europa per il Teatro Premio Europa per il Teatro Premio Europa per il Teatro
13. Ausgabe Europa-Preises für das Theater

Der sicherlich wichtigste Beitrag Polens zum zeitgenössischen europäischen Theater und dem der ganzen Welt besteht in der inzwischen fast mythisch gewordenen Figur von Jerzy Grotowski. Seine Theorien zum Theater und zur Rolle des Schauspielers haben sein Verständnis selbst entscheidend verändert, die Arbeit vieler Anhänger beeinflusst und eine Art Wasserscheide bei der Erforschung dessen dargestellt, was Theater eigentlich bedeutet: einen Punkt, von dem es kein Zurück mehr gibt in Bezug zu den bis dato vorherrschenden Ideen von dem, was Theatermachen bedeutet. Die 13. Ausgabe des Europa-Preises für das Theater findet nicht zufällig in Breslau bzw. in Polen statt, denn das Jahr 2009 ist von der UNESCO zum „Grotowski-Jahr” erklärt worden. Hier treffen zwei wichtige Jahrestage aufeinander: der 50. Jahrestag der Gründung des Werkstatttheaters und der 10. Todestag von Jerzy Grotowski. Diese 13. Ausgabe wurde in Zusammenarbeit mit dem polnischen Kultusministerium und der Stadt und dem Bürgermeister von Breslau geplant. Die Organisation der Veranstaltung wurde vom Grotowski-Institut durchgeführt. Es ist für mich an diesem Punkt sehr wichtig, unsere Veranstaltung mit Stolz und auch etwas Wehmut mit Grotowski zu verbinden und an den denkwürdigen offenen Dialog zwischen zwei Meistern zu erinnern, nämlich ihm und Peter Brook, der 1989 während des 2. Europa-Preises für das Theater stattgefunden hat. Mit dem Preis für Peter Brook begann damals eine Gepflogenheit, die seitdem zu einer ganz speziellen und hoch geschätzten Charakteristik des Europa-Preises geworden ist: das Nachdenken in Bezug auf und das Studium des Künstlers, der den Preis erhält. Der Dialog zwischen Brook und Grotowski ist der erste in einer ganzen Reihe von Konferenzen und Begegnungen zu den Preisträgern gewesen, und wenn man sich die „mythische“ Gestalt dieser beiden Künstler anschaut, handelt es sich um eine Art Meilenstein bei den Studien und vertiefenden Arbeiten, die im Laufe der folgenden Ausgaben aufeinander gefolgt und inzwischen zu einem Unterscheidungsmerkmal des Europa-Preises geworden sind. Von diesem Augenblick an erschien übrigens auch die Buchreihe, in der die Beiträge zur Preisverleihung gesammelt werden, Bände, in denen die verschiedenen Aspekte einer alles anderen als nebensächlichen Erinnerung des zeitgenössischen Theaters aufbewahrt werden. Aus all diesen Gründen bin ich besonders glücklich darüber, dass die 13. Ausgabe des Europa-Preises gleichzeitig die Gelegenheit bietet, das Grotowski-Jahr in Breslau zu feiern, an eben dem Ort, wo die Grundlagen zu den Forschungen zum Theater von Grotowski gelegt wurden, um sich dann differenziert über ganz Europa und die Welt auszubreiten. Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Veranstaltung einen weiteren Beitrag in diesem Zusammenhang leisten kann; einerseits, weil ich glaube, dass man das Erbe von Grotowski auf verschiedene Weise jedes Mal dann verspürt, wenn diverse Ausdrucksformen des zeitgenössischen Theaters die Gelegenheit dazu haben, sich zu begegnen und sich miteinander auseinanderzusetzen, und auf der anderen Seite, weil, wie weiterunten erwähnt werden wird, während der Studientage und im Verlauf der Preisverleihung ein Seminar mit dem emblematischen Titel Das Vortragen vor und nach Grotowski stattfinden wird, organisiert von der polnischen Abteilung der Association Internationale des Critiques de Théâtre in Zusammenarbeit mit dem Grotowski-Institut. Diese Gelegenheit kann uns viele Anregungen zum Nachdenken über das Erbe geben, welches uns die Theaterarbeit Jerzy Grotowskis hinterlassen hat. Der an Krystian Lupa verliehene 13. Europa-Preis für das Theater bestätigt die zentrale Rolle Polens in der zeitgenössischen, europäischen Theaterszene. Dieser Schüler Tadeusz Kantors und selbst Meister vieler anderer Künstler – unter ihnen sei genannt Krzysztof Warlikowski, 10. Preisträger des Europa-Preises für Neue Theaterwirklichkeiten – vereint akademische Bildung mit einer unerschöpflichen kreativen Ader, beides Eigenschaften, die ihn immer begleitet und von anderen unterschieden haben und die es ihm im Verlauf seiner Karriere erlaubt haben, sich mit den klassischen Autoren der Literatur auseinanderzusetzen und daraus Anregungen für geniale Theaterproduktionen zu ziehen. Unter anderem möchte ich an die Bearbeitungen von Texten von Robert Musil, Fëdor Dostoevskij, Rainer Maria Rilke, Thomas Bernhardt, Anton Tschechow, Werner Schwab, Mikhail Bulgakov sowie Friedrich Nietzsche erinnern. Zu Ehren des polnischen Regisseurs sind drei Vorstellungen vorgesehen: Factory 2, seine Produktion aus dem letzten Jahr mit dem Stary Teatr aus Krakau (nach Anregungen von Andy Warhol), La Presidentessa von Werner Schwab sowie als Welturaufführung Persona, angeregt unter anderem von Simone Weil und Marilyn Monroe. Eine Konferenz und ein Treffen mit dem Preisträger vervollständigen die Ehrung von Krystian Lupa. Was den Europa-Preis für Neue Theaterwirklichkeiten (PENRT) anbelangt, hat die Jury, unterstützt von der Consulta, zusammengesetzt aus zirka 300 Experten des europäischen Theaters (und nachdem festgestellt wurde, dass einige Kandidaten, alle von höchstem qualitativen Niveau, wenn auch mit unterschiedlichen künstlerischen Charakteristiken, bereits wiederholt seit den letzten Ausgaben des Preises, das heißt zwischen 1996 und 2001, genannt worden sind) entschieden, den Preis der 11. Ausgabe den fünf hier höchstbewerteten und bereits auf internationaler Ebene tätigen und bekannten Regisseuren und Theatergruppen zuzuerkennen: Guy Cassiers, Pippo Delbono, Rodrigo García, Árpád Schilling, François Tanguy und dem Théâtre du Radeau. Diese Wahl wurde in Übereinstimmung mit dem Regelwerk des Preises getroffen, das den PENRT als „Gelegenheit der Begegnung und der Auseinandersetzung mit verschiedenen Ausdrucksarten des neuen europäischen Theaters” anzeigt, zusammen mit der Hoffnung, ab der zukünftigen Ausgaben eine weitere Phase des PENRT beginnen zu können, eine Őffnung gegenüber einer jungen Generation von Künstlern bzw. neuer oder auf der internationalen Ebene noch wenig bekannter Gruppen; außerdem sollte Kandidaturen kleinerer Länder mehr Raum und Sichtbarkeit gegeben werden. Der Preis für Neue Theaterwirklichkeiten wurde wie von der Jury und den Veranstalternparalvorgeschlagen ab sofort von 20.000 auf 30.000 € erhöht. Bezüglich des reichen Programms der diesjährigen Ausgabe wird Guy Cassiers mit Sunken Red präsent sein, einem Werk von ihm selbst, das bereits Kultstatus erreicht hat, sowie mit Falanx, einer Installation von Kurt d’Haeseleer, mit dem Cassiers sein Werk Le Tryptique du pouvoir eben in eine Installation übertragen hat, die Voraufführung eines Stücks, welches dem Publikum erst 2010 präsentiert werden wird.

Pippo Delbono wird Racconto di un viaggio teatrale: nelle zone sconosciute tra la rabbia e l’amore, la solitudine e l’incontro, la costrizione e la libertà zeigen, eine Arbeit, die speziell für den Europa-Preis geschaffen wurde, sowie zwei seiner intensivsten und bedeutendsten Werke: Il tempo degli assassini und Questo buio feroce. Rodrigo García wird Accidens: Matar para comer auf die Bühne bringen, welches man inzwischen als einen kleinen „Klassiker“ seines Repertoires Arrojad mis cenizas sobre Mickey bezeichnen muss, sowie eine neue Performance, die für diese Ausgabe des Europa-Preis für das Theater geschaffen wurde. Es handelt sich um eine Arbeit, die die Teilnahme von Stefano Scodanibbio sowie polnischer Schauspieler beinhaltet, um (wenn es denn notwendig sein sollte) das Klima „kultureller Vermischung” und des Austauschs unterschiedlicher Theatertraditionen zu unterstreichen, die bei jeder Ausgabe des Preises zu beobachten ist und ihr entscheidendes Merkmal darstellt. Von Árpád Schilling wird Eloge de l’escapologiste zu sehen sein, ein Happening, welches in Budapest spielt und von dem vielseitigen ungarischen Regisseur live kommentiert werden wird. Zusammen mit dem Théâtre du Radeau wird François Tanguy das Publikum auf der poetischen und phantastischen Reise von Ricercar begleiten, einer Performance, die sich unter anderem Texten von Dante Alighieri, Giacomo Leopardi, Dino Campana, Ezra Pound, Luigi Pirandello, Franz Kafka und Georg Büchner bedient. Vorgesehen sind weiterhin Konferenzen und Begegnungen, die die Ehrungen der Sieger der Kategorie Neue Theaterwirklichkeiten vervollständigen werden. Im Zusammenhang mit den Veranstaltungen zur Preisverleihung wird es auch eine Abteilung zu Ehren des gastgebenden Landes geben:

Sguardo sulla Polonia, in die einige wichtige Beiträge aufgenommen wurden inklusive das bereits erwähnte Gespräch Das Vortragen vor und nach Grotowski. Die Preisverleihung wird dieses Jahr unter der Leitung von Jerzy Bielunacs in Zusammenarbeit mit Emanuela Pistone stattfinden. Um das internationale Publikum in die lebendige Theaterwelt von Breslau einzubeziehen, beinhaltet das Begleitprogramm unter anderem eine Performance von Marionetten im Theater Lalek sowie Lincz unter der Regie von Agnieszka Olsten. Ich möchte auch erneut auf den Beitrag hinweisen, den der bekannte Bildhauer Krzysztof M. Bednarski (ein früherer Mitarbeiter von Jerzy Grotowski) geleistet hat, indem er eine Skulptur mit Symbolcharakter für den Preis geschaffen hat, die den diesjährigen Siegern während der Preisverleihung übergeben werden wird. Wie üblich werden im Laufe der Veranstaltung diverse Aktivitäten stattfinden, die von den an der Preisverleihung beteiligten Verbänden organisiertworden sind: die Generalversammlung der Union des Théâtres de l’Europe; das Exekutivkomitee der Association Internationale des Critiques de Théâtre; das Seminar der jungen Kritiker der Association Internationale des Critiques de Théâtre; die Begegnung des Comitato Editoriale di « The Critical Stages », organisiert von der Association Internationale des Critiques de Théâtre; das Treffen der Mitglieder des Istituto Internacional del Theater del Mediterráno; das Treffen der Mitglieder von Team Network; die Generalversammlung der polnischen sowie die der italienischen Vereinigung der Theaterkritiker. Wenn ich mir die prämierten Künstler und die glücklichen Umstände anschaue, die uns nach Breslau gebracht haben, wo das einzigartige Theater-Abenteuer von Jerzy Grotowski begonnen hat und wo, so glaube ich zumindest, der Europa-Preis für das Theater neue Lebenskraft erhalten wird, um seinen Weg innerhalb der Theaterwelt fortzusetzen und um neue Horizonte zu finden sowie um neue Kulturen zu entdecken, dann ist es meine feste Überzeugung, dass die diesjährige Ausgabe des Preises zahlreiche Gelegenheiten zum Dialog und zur Begegnung bieten kann. In dieser Stadt mit ihrer derart lebendigen Theaterszene werden sich sechs Tage lang jene Personen versammeln, die das europäische Theater beleben, zusammen mit Journalisten, Theaterkritikern, Theaterund Festspielleitern, Schülern und Studenten der polnischen und internationalen Schulen und Akademien und ganz generell mit allen Theaterliebhaber. Es wird eine Gelegenheit sein, um an den diversen Veranstaltungen teilzunehmen, an den Begegnungen mit den Preisträgern und ganz allgemein, um ein außergewöhnliches Stück Kultur und Menschlichkeit gemeinsam zu erleben, umgeben von der Wärme und der Sympathie der Bewohner von Breslau. Ich möchte auch dem Bürgermeister von Breslau Rafal Dutkiewicz danken, dem es mit seinem starken politischen Einsatz gelungen ist, dass diese 13. Ausgabe des Europa-Preises für das Theater in Breslau anlässlich des von der UNESCO ausgerufenen Grotowski-Jahres 2009 stattfinden kann. Mein Dank gilt auch dem polnischen Kultusminister für seinen Beitrag zum Gelingen dieser Veranstaltung in Polen. Außerdem möchte ich Jarosław Fret, dem Direktor des Grotowski-Instituts, sowie Joanna Klass und der gesamten Belegschaft meinen ganz herzlichen Dank für die überaus freundliche Aufnahme und für die aktive Zusammenarbeit bei der Durchführung dieser Ausgabe des Preises aussprechen; und schließlich möchte ich auch noch dem Team des Europa-Preises für das Theater und allen anderen für ihren Einsatz und Enthusiasmus danken, alles Menschen, die in all diesen Jahren an ein Europa „der schönen, menschlichen Dinge geglaubt haben, an all das, was das Theater wie auch jede andere geistige Aktivität des Menschen“ betrifft, wie es Giorgio Strehler, der Gründer der Union des Théâtres de l’Europe anlässlich des 3. Europa-Preis für das Theater so wunderbar ausgedrückt hat.